Neuzulassungen im Juli: E-Fahrzeuge brechen ein - E-Autos brauchen mehr Zeit

Nach anfänglichem Boom ist nun wieder Ernüchterung eingetreten – sinkende Absatzzahlen. Das chaotische Ende mit dem abrupten Stopp der staatlichen Förderung für ausschließlich mit Batterie betriebene Pkw (BEV) hat der E-Mobilität in diesem Jahr einen deutlichen Dämpfer verpasst. Dazu fehlt es an bezahlbaren E-Autos im unteren Preissegment.

Bundesweit sind die Neuzulassungen von E-Fahrzeugen im Juli mit einem Minus von 36,8% gegenüber dem Vorjahresmonat regelrecht eingebrochen. Im Juli lag der Anteil der BEV an den Neuzulassungen nur noch bei 12,9% (30.762). Im Vorjahreszeitraum waren es mit 48.682 BEV noch 20,0% gewesen. In Hamburg lag der Anteil mit 807 neuzugelassenen BEV im Juli gar nur noch bei 8,9%. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum waren es 14,5% (1437 BEV), ein Minus von 43,8%.

In 2024 wurden innerhalb der ersten sieben Monate insgesamt nur 214.887 BEV (HH  5229) neu zugelassen – ein Anteil an den Pkw-Zulassungen von 12,6% (HH 9,1%) gegenüber 16,5% (HH 12,1%) in 2023 (268.926, HH 7044) – ein Rückgang von minus 20,1% (HH -25,7%) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – bei einem Gesamtzuwachs der Neuzulassungen von 4,3% (HH – leichter Rückgang von 0,7%). Der Bestand an zugelassenen BEV erreichte damit gerade einmal ein Plus von nur rund 12 % gegenüber dem Bestand von 1.408.681 BEV (HH – 30.086) zum Anfang des Jahres. Das ist natürlich zu wenig, um diese Technologie wie geplant weiter voranzutreiben, abgesehen von der unerreichbaren politischen Proklamation von 15 Millionen BEV auf Deutschlands Straßen bis 2030.

„Der BEV-Auftragseingang von Privatkunden ist zurzeit extrem schwach. Daher sehen wir keine Signale, dass sich die Situation bei den Zulassungen ändert“, so ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn, Sprecher des Fabrikatshandels in Deutschland. „Das bestätigen auch die Ergebnisse unserer Umfrage im Autohandel von Anfang Juni, in der 91 Prozent der befragten Autohäuser die Bestellsituation bei BEV von Privatkunden im weiteren Jahresverlauf als „sehr schlecht“ (63 %) oder „schlecht“ (28 %) einschätzen. Bei gewerblichen Kunden ist die Situation etwas besser, weil viele Betriebe so ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen.“

Dazu kommen noch die Unsicherheiten bei den Kunden hinsichtlich der Beständigkeit der Technik und der Ladeinfrastruktur. Manche sprechen vom Henne-Ei-Problem, also dem BEV-Ladesäulen-Thema. Hinkender Ausbau, begrenzte Verfügbarkeit von nutzbaren Ladesäulen und hohe Ladekosten an öffentlichen Ladepunkten verstärken die Unsicherheiten - TRIP - Technologieangst, Reichweitenangst, Infrastruktur, Preis bei unseren Kunden. BEV’s sind deutlich teurer als vergleichbare Verbrenner, und das nicht nur in der Anschaffung. Die Beratung potenzieller Kunden fordert den Verkaufsteams im Autohaus bei BEV‘s Höchstleistungen ab.

Aktuelle Marktbeobachtugsanalysen zeigen aufgrund dieser Entwicklungen jetzt einen langsameren Hochlauf der BEV in den nächsten Jahren als prognostiziert. Einer Schätzung der Analysten über die Entwicklung der Neuzulassungen bis zum Jahr 2035, also dem festgelegten Verbrennerverbot der EU-Kommission zu Grunde liegend: Ab 2025 sollen auch die reinelektrisch betriebenen Fahrzeuge kontinuierlich ansteigen. Bereits ab 2027 soll eine Million BEV-Zulassungen erreicht werden. Die Planung lautet weiterhin: Bis 20230 soll der CO2-Ausstoß neu zugelassener Pkw im Vergleich zu 2021 um 55% und bis 2035 auf null sinken. Ab 2035 ist dann mit Verbrennermotoren und Hybrids für fossile Kraftstoffe Schluss. D.h. langfristig wird von einem deutlichen Wachstum der Batterieautozulassungen ausgegangen, da der Fokus der Hersteller auf der Entwicklung von BEV-Modellen liege, die Modellpalette sich in den unteren Segmenten wesentlich erweitern und der Preis für Batterien sinken werde. Das Ladenetz werde zudem weiter ausgebaut, hier wird sich zeigen müssen, ob die Ladeinfrastruktur den Ansprüchen und Erwartungen für die Individualmobilität genügen wird.

Eine bedeutende Rollen sehen die Experten allerdings weder für neue Autos, die mit E-Fuels betrieben werden, noch für die Brennstoffzelle – obwohl nach einem Deal der EU-Kommission mit Deutschland noch in diesem Jahr eine neue Fahrzeugkategorie names „E-Fuels Only“ geschaffen werden soll. Danach sollen Autos, die unter diese Kategorie fallen, auch nach 2035 neu zugelassen werden können. Der normale Sprit an den Tankstellen ist allerdings für diese Autos tabu. Dafür könnte eine technische Voraussetzung integriert werden, die das Einfüllen von herkömmlichen Kraftstoffen verhindert bzw. die bei einem Betrieb mit fossilen Kraftstoffen den Motor abschaltet.

Aus der aktuellen Prognose geht hervor, dass E-Fuels deshalb eine stärkere Rolle spielen werden als ursprünglich angenommen. Es wird allerdings nicht davon ausgegangen, dass nur mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge konkurrenzfähig zu BEV sein werden. Hier müssten sich die politischen Vorgaben deutlich ändern.

Dennoch sollte Nachhaltigkeit ganzheitlich gedacht und technologieoffen verfolgt werden.

Bei der Emissionsreduzierung sollte nicht nur in „lokal emissionsfreien“ neuen Einheiten gedacht werden – auch an die rund 1,3 Milliarden Bestandsfahrzeuge auf der Erde. Auf unseren Straßen sind über 58 Millionen herkömmliche Verbrennerfahrzeuge unterwegs - für den Klimaschutz im Verkehr braucht es auch eine Lösung für die Basis der Mobilität in Deutschland.
Moderne synthetische Kraftstoffe, allen voran E-Fuels, können die Möglichkeit eröffnen, sowohl die Benziner und Diesel auf den Straßen als auch neue Verbrennerfahrzeuge klimaneutral zu fahren. „Strombasierte Kraftstoffe“ - auch Power-to-X (PtX) genannt - können so zum Klimaschutz beitragen - vorausgesetzt die Politik und die Branche folgen und E-Fuels Projekte für eine weltweite „Massenherstellung“ kommen ans Laufen. Je günstiger die Produktion von E-Fuels wird, umso weniger entscheidend ist die Wirkungsgradfrage und umso mehr könnte künftig den fossilen Kraftstoffen beigemischt werden oder diese gar ersetzen. Entscheidend ist, E-Fuels in Weltregionen zu erzeugen, in denen Sonnen- und Windenergie kontinuierlicher und intensiver zur Verfügung stehen als in Mitteleuropa. Bereits seit Ende Mai können Tankstellen mit B10 (10% Biodiesel) und XTL (HVO) zwei neue Dieselsorten anbieten, mit denen Pkw und Nutzfahrzeuge mit Dieselmotoren wertvolle Beiträge zum Klimaschutz leisten können. Für alternative Kraftstoffe braucht es keine Investitionen in die Logistik- und Tankinfrastruktur oder neue Fahrzeuge. Gleichzeitig lässt sich durch die Entwicklungen bei alternativen Kraftstoffen das Werkstattgeschäft mit den Verbrennerfahrzeugen sichern.